Bild oben: Annalise Batista auf Pixabay
Impressionen einer Reise in die Provence - Der Kleine Luberon - Robion bis Bonnieux
Von Uwe Niemeier
Robion - Stern des Südens am Westende des Kleinen Luberons. Nichts funkelt. Nichts glitzert. Das Auge sucht anfangs vergeblich
nach Sehenswürdig-keiten. Keine bunten Bänder eines längst vergessenen Festes flattern im flüchtigen Wind. Kein Rausch der Blüten, die in ockerfarbenen Blumenkübeln um den Titel einer Ville
Fleurie wetteifern. Keine bunten Postkarten an überdimensionierten Ständern, keine mit Vornamen bedruckte Keramik drängen sich auf. Das haben wir anders erwartet. Auch erhofft? Nein. Wir lassen
uns überraschen.
Und ehe wir's uns versehen, sind wir plötzlich mitten drin, im Ort, am Dorfplatz. Place de l'Église, der Kirchplatz. Hotel de Ville, das Rathaus. Ein Rondell, fünf Platanen, das Kriegerdenkmal. Und die Kirche Notre-Dame-de-la-Nativité ruht majestätisch vor der Kulisse der Kalksteinfelsen. Romanisch, 12.Jahrhundert. Immerhin. Wir steigen aus.
Es ist so still, dass es uns fast anschreit. Doch der Charme dieses provenzalischen 4600-Seelen-Dorfes am Rande von Irgendwo kommt angeschlichen wie ein . . . naja, sagen wir wie ein Faultier. Aber er kommt. Langsam, sehr langsam. Vor dem Café de la Poste mit seinen roten Markisen und dem Grau moderner Sonnenschirme genießen wir die Ruhe. Eine Schiefertafel mit den Tagesgerichten, ein rundlicher Kellner mit Flecken auf der Schürze. Aus seinem Mund ein freundliches "Bonjour et bienvenue". Herz, was willst du mehr? Deux cafés, s'il vous plaît.
Die sattgrünen Blätter riesiger Platanen werfen ihre Schatten auf das Kopfsteinpflaster. Und die Sonne schickt Bündel dicker Strahlen, die wie Quarzkristalle auf dem grauen Untergrund funkeln. Kleine Treppen und steile Wege führen uns weiter hinauf in die schmalen Gassen der Altstadt. Ein altes Wasserreservoir, eine verwitterte Fassade mit Uhrturm. Ein verstecktes Freilichttheater am Fels, die malerischen Hausfassaden aus Naturstein. Damit müssen wir uns begnügen. Robion, die Leise, hat nicht wirklich ein Füllhorn provenzalischer Sehenswürdigkeiten zu bieten. Aber das stört hier nicht.
Zeit zu gehen. Wir verlassen das Dorf. Ein Dorf, das soweit weg ist wie die vergangene Zeit der siebziger Jahre, die nicht wiederkommen. Aber ein Dorf, das nach Wochen und Monaten so wach ist wie die Erinnerung vom Vortag. Später werden wir sagen, Robion, diese Ruhe, nichts eilt, nichts drängt. Einfach nur sitzen und entspannen im Café de la Poste, zu sich kommen unter den roten Markisen und dem Grau der Sonnenschirme. Und die Platanen anstarren. Die Quarzkristalle auf dem Pflaster zählen. Robion - ein kleiner Stern des Südens mit einem ganz leisen, unauffälligen Charakter.