Von Uwe Niemeier
Der Mann brennt für seinen Beruf. Obwohl er doch fast schon im Ruhestand sein könnte. Die blauen Augen blitzen bei seinen Erzählungen, die Lachfältchen lassen ihn zum Gewinner werden, und der weiße Drei-Tage-Bart unterstreicht sein markantes Äußeres. Karl Eisele, 63, Darmstädter Gastro-Größe mit Fußspuren in Nizza, London und St. Moritz. Seit den achtziger Jahren in Darmstadt, seitdem: bodenständig. Das verwundert nicht. Denn der elterliche Betrieb mit Gasthaus und Metzgerei stand im Schwabenland. Da lernt man was fürs Leben. Übers Arbeiten. Und auch über Menschen. Eine Annäherung.
15 Jahre schaffte Karl Eisele als Macher vom „Weinmichel“, lenkte zehn Jahre den „Weinschmecker“, zudem das Alte Schalthaus und das Braustüb`l (alle Darmstadt) und war viele Jahre Chef im „Bunten Löwen“ in Zwingenberg. Er war Caterer für Landesmuseum, Staatstheater, private Events und beim Heinerfest. Viele sagen, er habe in seiner Anfangszeit die Service-Kultur erst nach Darmstadt gebracht. Etwa das Amuse-Gueule, ein Appetithäppchen, das früher etliche Darmstädter Gäste am Tisch verwundert zurückgehen ließen. Nicht bestellt, hieß es vorwurfsvoll. Karl Eisele konnte helfen - und aufklären. Und kann heute darüber schmunzeln.
„40 Jahre Vollgas. Keine Woche unter 60 Stunden“, resümiert er bei unserem Treffen im Café 61 in Weiterstadt. Und jetzt? Ein wenig ruhiger sei er geworden, dennoch: „Ich kann nicht einfach auf Null runterfahren“, erklärt Karl Eisele mit beschwörender Handbewegung sein Schaffens-Credo. Und jetzt, verrät er mit einem schelmischen Lächeln, jetzt gibt er wieder Nachhilfe in Sachen Service-Kultur. Coaching in Wiesbaden. Ausgerechnet in der selbsternannten Gastro-Hauptstadt. „Ein Großprojekt, aber ich sag´ nicht wo“, zeigt er sich standhaft verschwiegen. „Das Personal muss lernen, wie der Gast begrüßt wird, wo Tasse, Teller zu stehen haben. Ganz profane Dinge eben. Nur wenige Mitarbeiter sind ja heute noch geschult.“
Ausbilden. Lernen. Neues aufnehmen. Dabei hat Karl Eisele die Luft großer Tourismus-Zentren geatmet. Nach dem Schwabenland und einer Ausbildung zum Hotelkaufmann gelang ihm Mitte der Siebziger der Sprung an die französische Riviera, nach Nizza. Ins Hotel Negresco. Das Negresco! Die Lehr- und Wanderjahre brachten ihn weiter nach St. Moritz, dann London, schließlich zurück in heimische Gefilde als Hotel-Empfangschef in Stuttgart. Bald darauf, mit 27 Jahren, Hoteldirektor in Nürnberg. Deutschlands jüngster, damals.
Karriere, Engagement, die Liebe zum Beruf. Alles hatte seinen Preis. „Immer volle Power, kaum Urlaub, und wenn, dann mit einem Bein auf Abruf. Den Druck habe ich heute nicht mehr. Das ist das Maß an Freiheit, das ich mir nehme und genieße.“
Man mag´s ihm glauben. Doch bei seinen Worten wirkt er so, als wolle er gleich die Ärmel seines weißen Hemdes aufkrempeln und sagen: „Also gut, Leute, los geht´s. Lasst uns anfangen!“ So, wie in der Büchner-Villa in Pfungstadt, wo er sich aktuell mit „Eiseles culinarium“ ein Refugium geschaffen hat, wo er Räume und Catering für private Feiern und ein kreatives Eventprogramm anbietet. Was auch für die Alte Schmiede in Groß-Bieberau gilt.
Dabei leuchten wieder seine Augen und die Hände betonen das Gesagte. Eine weiße Haarsträhne wippt jetzt ungeduldig über der Stirn. Ganz klar. Der Mann brennt für seinen Beruf.
Info:
Der kleine Weinhandel im Hotel Weinmichel wurde eine Passion von Karl Eisele. Er schmiedete das Konzept „Eiseles Weinschmecker“ mit Weinfachgeschäften in Darmstadt, Wiesbaden und Frankfurt. Mit Folgen: Die Fachzeitschrift Weinwirtschaft kürte ihn 2001 zum Weinfachhändler des Jahres. Wein blieb seine Leidenschaft, und momentan arbeitet er am Aufbau eines Onlineshops. Veranstaltungen rund um dieses Thema bietet er in Darmstadt im Haus der Balten in Kooperation mit dem Verlag Uli Diehl an.
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